Artenschutz

Bundesweites Projekt „Rotmilan – Land zum Leben“ (2013-2019)

Der Landschaftspflegeverband „Mecklenburger Endmoräne“ war von November 2013 bis Oktober 2019 Praxispartner des bundesweiten Projektes „Rotmilan – Land zum Leben“ und hat gemeinsam mit 7 weiteren Praxispartnern ein Projektgebiet im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (LK MSE) bearbeitet.

Ausführliche Informationen zum Projekt „Rotmilan – Land zum Leben“ finden Sie auch auf der Internetseite www.rotmilan.org.

Trotz relativ günstiger Naturraumausstattung ist auch im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte eine Verschlechterung der Lebensraumbedingungen für den Rotmilan durch sich stark ändernde Bewirtschaftungsformen in der Landwirtschaft (z.B. großflächige Monokulturen, stark eingeschränkte Fruchtfolge) und den großflächigen Ausbau der Windenergienutzung festzustellen. So hat sich zum Beispiel die Anbaufläche von Luzerne als Ackerkultur mit dem höchsten Nutzeffekt für den Rotmilan in M-V von ca. 17.000 ha (1989) auf relativ konstante 2.500 ha (2009) reduziert (Quelle: Landesforschungsanstalt M-V, 2013).

Rotmilane brüten überwiegend in Wäldern, Feldgehölzen und Baumreihen, suchen ihre Nahrung aber ausschließlich im Offenland und der genutzten Agrarlandschaft. So finden Rotmilane – gerade während der wichtigen Zeit der Jungenaufzucht – z.B. in hoch und dicht wachsenden Mais- oder Rapsfeldern keine Mäuse. Das Projekt zielte daher auch in der Praxisregion „Müritz“ primär darauf ab, das Nahrungsangebot für den Rotmilan (partizipierend andere Greifvogelarten) zu verbessern. Außerdem sollten Maßnahmen zum Schutz des Rotmilans und zur Verbesserung der Bruthabitate initiiert, begleitet oder in eigener Regie umgesetzt werden.

Die daraus entwickelten Arbeitsaufgaben waren:

  • die Brutbestandserfassung,
  • die naturschutzfachliche Beratung der Land- und Forstwirte,
  • die Umsetzung praktischer Maßnahmen und
  • die Öffentlichkeitsarbeit.

Brutbestandserfassung

In fünf Projektjahren (2013 bis 2019) wurde in einem Kontrollgebiet nördlich und östlich der Stadt Waren (Müritz) mit einer Flächengröße von ca. 326 km² Brutbestand und Reproduktion auf der Grundlage einer bundesweit einheitlichen Kartiermethode erfasst.

Des Weiteren erfolgten Erhebungen zu den von den Rotmilanen zur Brut genutzten Nestbäumen sowie Beobachtungen zu eventuellen Prädationen und Störungen. Nachfolgende Übersicht zeigt das Projektgebiet Mecklenburgische Seenplatte (rote Umrandung) mit einer Größe von ca. 5.500 km² sowie dem Kontrollgebiet (grün umrandet) mit einer Größe von ca. 326 km².

Nachfolgende Tabelle zeigt die ermittelten Brutbestandsparametern, die von 2014 bis 2019 im Kontrollgebiet erfasst wurden.

JahrBrutgrößeFortpflanzungszifferAbundanz
20142,001,506,5
20152,372,235,5 – 6,2
20162,281,785,9
20172,131,606,5
20182,271,626,8
20192,231,536,2 – 6,5

Des Weiteren wurde die Verteilung der Rotmilannester nach Baumarten ermittelt, die in der dazu erstellten Grafik dargestellt sind. Für das Kontrollgebiet Mecklenburgische Seenplatte erwiesen sich Kiefer, Erle und Buche als die Hauptbaumarten der Neststandorte für den Rotmilan. Diese Verteilung entspricht in etwa auch der Verteilung der Hauptbaumarten in dieser Landschaft.

Verteilung der Rotmilannester nach Baumarten (2014 – 2019)

Beratung und Umsetzung von Maßnahmen

Um Kulturlandschaften mit hohem Lebensraumwert für den Rotmilan zu erhalten, ist die Umsetzung geeigneter praktischer Maßnahmen in Landwirtschaft und Forstwirtschaft besonders wichtig, so dass im Projekt die naturschutzfachliche Beratung einen besonderen Arbeitsschwerpunkt bildete.

Besonders mit Landwirten wurden zahlreiche Einzelgespräche zur Situation des Rotmilans in ihrer Region, zu möglichen Agrarfördermaßnahmen mit Bedeutung für den Rotmilan aber auch zu einfachen freiwilligen Maßnahmen ohne Förderhintergrund geführt. Dabei spielte das Verbinden betrieblicher Interessen mit den Erfordernissen der Agrarförderrichtlinien sowie des Nutzens für den Artenschutz eine tragende Rolle.

Nach 6 Jahren Betriebsberatung konnte zusammenfassend festgestellt werden, dass die Bereitschaft, Informationen zum Projekt zu erhalten und zu kooperieren, beim überwiegenden Teil aller kontaktierten Landwirte vorhanden ist. Die Verbesserung des Verhältnisses zwischen Landwirt und Naturschützer durch Kontaktpflege und häufige Präsenz des Beraters sind dabei von großer Bedeutung. Dadurch hat sich bei vielen eingebundenen Landwirten Vertrauen zum Berater und damit zum Landschaftspflegeverband und Verständnis für das Anliegen des Projektes entwickelt. Naturschutzthemen greifen v.a. bei Landwirten, die aktive Jäger sind. Darauf kann auch bei künftigen Projekten aufgebaut werden. Die Landwirte äußern übereinstimmend, dass einfache und praktikable Maßnahmen (AUKM, Greening) bei besserer finanzieller Ausstattung zielführend wären. Als Beispiel werden einjährige Blühflächen und -streifen angeführt, die aufgrund der großen Nachfrage dann auch noch flächenmäßig reglementiert wurden (5 ha bzw. später 20 ha pro Betrieb). Der bürokratische Aufwand sowie eine unangemessene Misstrauens- und Kontrollkultur sorgen für Vorbehalte gegenüber „grünen“ Maßnahmen. So sind bestimmte AUKM, wie die Anlage von Pufferstreifen oder mehrjährigen Blühflächen zwar intensiv beraten, aber selten umgesetzt worden. Die Einhaltung der Flächengrößen bzw. die Sortenvielfalt der Saaten bei den Blühflächen bereiten Probleme. Vor dem Hintergrund drohender Sanktionierung wird sicherheitshalber so gut wie gar nicht von diesen Maßnahmen Gebrauch gemacht. Nach wie vor wird z.B. fehlende Rechtssicherheit bei der automatischen Umwandlung von Acker in Grünland bei mehrjährigen Maßnahmen angemahnt. Dies wurde über den gesamten Projektzeitraum in regelmäßigen Gesprächen mit dem Bauernverband „Müritz“ durch den Geschäftsführer Matthias Schmidt mit dem Verweis auf laufende gerichtliche Verfahren zum Ausdruck gebracht.

Nachfolgende Tabellen zeigt die Beratungsergebnisse (kumulativ) sowie die umgesetzte Fläche für eine Rotmilan freundliche Landwirtschaft im Projektzeitraum.

MaßnahmeFörderungberatene Betriebeumsetzende Betriebeumgesetzte Fläche (ha)
AckergrasanbauGreening10167413
Strukturelemente im Ackerbau (Blühflächen, -streifen, Brachen)Greening10830148
Pufferstreifen AckerlandGreening1492436
Ext. Bewirtschaftung Dauergrünland: MähweidenAUKM149433.775,7
Ext. Bewirtschaftung Dauergrünland: WeidenAUKM12421861,4
Anbau Klee-Luzerne-GemischAUKM124692
Anbau AckergrasAUKM12410318,4
Anbau KleeAUKM124869,4
Anbau LuzerneAUKM14926505
Förderung ein- u. mehrjährige BlühflächenAUKM1241354
Förderung ein- u. mehrjährige BlühstreifenAUKM1241260
Beratungsergebnisse in der Landwirtschaft
Maßnahmeberatene Betriebeberatene Betriebe mit MaßnahmenAnzahl umgesetzter Maßnahmen
Freiwillige Vereinbarung für eine Horstschutzzone2199098
Jahreszeitliche Verschiebung von Durchforstungsmaßnahmen2191010
Unterlassung von Störungen219427
Beratung / Einwilligung zu Baummanschetten2194322
Beratungsergebnisse in der Forstwirtschaft

Legende

Abundanz (Brutpaardichte): stellt die Anzahl der Brutpaare (BP) pro Flächeneinheit dar (BP/100 km²).

Brutbestand: Der jährliche Brutbestand ist die Anzahl der Brutpaare (BP) des Kontrollgebietes (KG) als Summe der Paare mit sicherem Brutnachweis (BN) und der Paare mit Brutverdacht (BV). Es ist jährlich innerhalb des Kontrollgebietes eine vollständige (flächendeckende) Erfassung durchzuführen.

Brutnachweis: Als Brutnachweis (BN) gelten alle jährlich erfassten brütenden Paare, bei denen die Nester, auf denen der Rotmilan im Erfassungsjahr gebrütet hat, gefunden wurden. Folgende Beobachtungen werden als Brutnachweis gewertet:

  • Die Beobachtung des Rotmilans auf seinem Nest in Bruthaltung sitzend,
  • Jungvögel im Nest,
  • fütternde Altvögel am Nest,
  • Ästlinge im Nestbaum und Umgebung,
  • Rotmilan geht im Moment der Annäherung vom Nest ab. Es sollte eine Bestätigung durch Wiederholung bei äußerster Vorsicht erfolgen (Beobachtungspunkt möglichst weiter weg vom Nest).

Brutverdacht: Als Brutverdacht (BV) gelten alle jährlich festgestellten Revierpaare oder einzelne Rotmilane, bei denen trotz intensiver Suche das Nest der diesjährigen Brut nicht gefunden wurde, aber Beobachtungen erfolgten, die auf eine mögliche Brut schließen lassen. (Territorialverhalten und bruthinweisende Beobachtungen).

Folgende Beobachtungen werden als Brutverdacht gewertet:

  • die mindestens einmalige Feststellung eines balzenden oder zusammenhaltenden Paares oder eines Individuums mit Territorialverhalten im potenziellen Brutgebiet und jeweils eine weitere Beobachtung im Abstand von mindestens 7 Ta­gen, davon eine zwischen 1.4. und 10.7.
  • Beobachtung eines Rotmilans, der mit Nistmaterial oder Nahrung zielgerichtet in Richtung des vermuteten Brutplatz bzw. potentielles Bruthabitat (Gehölzbestand) fliegt und jeweils eine weitere Beobachtung im Abstand von mindestens 7 Ta­gen, davon eine zwischen 1.4. und 10.7.
  • Gerichteter Flug eines Rotmilans in ein potentielles Bruthabitat und jeweils eine weitere Beobachtung im Abstand von mindestens 7 Ta­gen, davon eine zwischen 1.4. und 10.7.
  • Feststellung eines diesjährigen Nestbaues, z.B. nach der Brutphase, bei der der Kartierer Anzeichen für eine diesjährige Brut findet (Federfund, viel Kot u.ä.) bzw. die Umstände einen Brutverdacht rechtfertigen.

Besonderes Augenmerk ist auf die wiederholte Feststellung bzw. Kontrolle der möglichen Reviere zu richten. Die Anwesenheit einzelner, offenbar unverpaarter Rotmilane sowie „zusammenhaltender“ Rotmilane (Revierpaare), die zwar als Paar angesprochen werden können, aber keine Hinweise auf eine eventuelle Brut erkennen lassen, werden bei der Erfassung nicht berücksichtigt.

Kartierzeiten: Die Einhaltung der nachfolgenden Kartierzeiten ist Voraussetzung für eine qualifizierte Brutbestandserfassung. Dabei ist besondere Aufmerksamkeit auf die Phase der Revierbesetzung zu richten (ca. Ende März).

  • Der erste Kartiergang muss in der 2. Märzhälfte erfolgen. Dazu sind im gesamten Kontrollgebiet die bekannten Rotmilanreviere (Brutgehölze, Nester) auf Besatz zu kontrollieren und sämtliche weitere Revierbesetzungen (Territorialverhalten, Balz, sonst. Bruthinweise) zu erfassen. Sind bekannte Rotmilanreviere (Nester) aus dem Vorjahr nicht besetzt, muss zeitnah (einige Tage später) die Besatzkontrolle wiederholt werden (Zweitkontrolle). Bei negativem Ergebnis während der Zweitkontrolle muss zeitnah die Suche nach einem eventuellen Nestneubau im Revier erfolgen.
    Während des ersten Kartierganges ist eine nahezu tägliche Anwesenheit im KG (Befahren) erforderlich.
  • Nach der Revierbesetzung erfolgt im April (bis zum Blattaustrieb) der zweite Kartiergang mit Konzentration auf die Feststellung des Brütens (Kontrolle der bekannten RM-Nester sowie Fortsetzung der Revierkartierung mit dem Ziel, der vollständigen Ermittlung sicheren Brutnachweise)
    Ende April sollte grundsätzlich der Brutbestand ermittelt sein.
  • Abschließend erfolgt in den Monaten Mai bis Juli die Ermittlung des Bruterfolges und der Reproduktion.

Brutgröße: gibt die Anzahl der flüggen Jungvögel pro erfolgreichem BP an. Bei dieser Untersuchung „wird die Anzahl der erfassten Jungvögel denen der ausgeflogenen gleichgesetzt, wobei die Verluste in der späteren Nestlingszeit aus Unkenntnis vernachlässigt werden“ (in Anlehnung an Weber 2002).

erfolgreiche Brutpaare: sind Brutpaare mit mindestens einem ausgeflogenen (flüggen) Jungvogel.

erfolglose Brutpaare: sind Brutpaare mit sicherem Brutbeginn (brütender Altvogel), aber ohne ausgeflogene Jungvögel.

Flügge Jungvögel: sind Jungvögel im Jugendkleid im Nest (Nestlinge)  oder auf Ästen im Brutbaum (Ästlinge), die wenige Tage vor dem Ausfliegen sicher ermittelt wurden. In der Regel ist dies ab Ende Juni der Fall. Mögliche nachträgliche Totfunde sind i.d.R. Zufallsfunde und werden bei der Anzahl flügger Jungvögel nicht mit einbezogen. Totfunde sind in der Spalte „Bemerkungen“ zu dokumentieren.

Erfolgsanteil: gibt den Anteil erfolgreicher BP an den auf das Vorhandensein von Jungvögeln kontrollierten BP in Prozent an.

Fortpflanzungsziffer: stellt den Quotienten aus der Anzahl der ausgeflogenen Jungen zu den auf das Vorhandensein von Jungvögeln kontrollierten BP dar. Auch bei diesem Reproduktionsparameter wird die Zahl der am Nest beobachteten Jungvögel denen der ausgeflogenen gleichgestellt.

Neststatus: Der Neststatus bezieht sich auf alle Nester, die im Kartierjahr besetzt waren. Der Neststatus „Altbau“ wird vergeben, wenn ein Nest über mehrere Jahre bekannt ist und nach längerer Pause (1 Jahr und mehr) im Kartierjahr wieder zur Brut benutzt wird. Der Neststatus „Vorjahresnest“ wird für ein Nest benutzt, das im Vorjahr zur Brut genutzt wurde und der Neststatus „Neubau“ wird vergeben, wenn das Nest im Kartierjahr neu gefunden wurde und besetzt ist.
Während im Kontrollgebiet jährlich der Brutbestand des Rotmilans auf der Grundlage einer bundesweit einheitlichen Kartiermethode erfasst wurde, erfolge im Projektgebiet jährlich umfangreiche Beratungen von Betrieben und Einrichtungen der Land- und Forstwirtschaft sowie von Kommunen als Kooperationspartner Umsetzung vielfältiger praktischen Maßnahmen:

  • Anbau und greifvogelgerecht Bewirtschaftung von kleinkörnigen Leguminosen und Gemische aus diesen (Luzerne, Klee, Ackergras) sowie Bewirtschaftung von Dauergrünland mit Biomassenentzug zur Verbesserung der Nahrungsverfügbarkeit für den Rotmilan und aller primär Kleinsäuger fressenden Greifvögel wie z.B. Schwarzmilan, Mäusebussard und Rorhweihe sowie weitere Arten wie den Weißstorch,
  • Anlage von Brachen und Blühstreifen (einjährig und mehrjährig),
  • Abstimmungen zum Holzeinschlag in den Brutgebieten und anderes

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